1991, als Usbekistan seine Unabhängigkeit errungen hatte, wurde auch das Bildungssystem stark verändert. Nach den Bildungsreformen entstanden im schulischen Bereich Berufscolleges und akademische Lyzeen und ebenso entstanden im Hochschulbereich BA und MA Studiengänge. Alle diese Neuerungen erfordern auch Veränderungen in der Methodik und Didaktik des Fremdsprachenunterrichts. Daher entstand und besteht ein großer Bedarf an für unser Bildungssystem geeigneten Hochschullehrern und adäquaten Lehrmaterialen, aber unsere Möglichkeiten sind begrenzt. Es exestieren große Lücken bei der Ausbildung von Fachleuten für Universitäten, akademischen Lyzeen und Colleges. Unsere Schwäche liegt dabei vor allem im Bereich der Methodik und Didaktik des Fremdsprachenunterrichts. Besonders problematisch ist meines Erachtens die Methodik des Fremdsprachenunterrichts in Berufscolleges. Im Moment mangelt es an geeigneten Lehrmaterialien. Dies ist wohl darin begründet, dass unser Land noch wenig Erfahrungen im Berufsbildungssystem hat, obwohl wir uns nach dem deutschen Dualsystem richten. Die Schüler gehen nach der 9.Klasse in die Berufscolleges oder in die akademischen Lyzeen. Ein Problem ist dabei, dass die Lernenden, die in der Schule verschiedene Fremdsprachen gelernt haben, in Berufscolleges eine obligatorische Fremdsprache lernen müssen. Daher entstehen u. a. folgende Probleme im DaF-Unterricht an den Berufscolleges:
– Die Gruppen sind nicht homogen, da einige bereits 5 Jahre Deutschunterricht hatten, andere noch keine Deutschkentnisse haben. Es besteht daher kein konsekutives Aufbau d.h man muss binnendifferenzierend vorgehen.
– Die Ausbildung der Lehrenden ist fachlich meist noch nicht ausreichend gewährleistet.
– Es mangelt aufgrund der Inhomogenität, der fehlenden Lehrwerke und der noch nicht ausreichenden Ausbildung der Lehrkräfte an der Motivation der Studenten.
Nicht alle Faktoren können in meiner Arbeit berücksichtigt werden. Ausgehend von der Feststellung, dass die Interessen der Lernenden stärker berücksichtigt werden sollten und dass neue Lehrwerke für die genannte Zielgrupe entwickelt werden müssen, möchte ich mich in meiner Arbeit mit der Konzeption von Lehrmaterialien im Bereich der interkulturellen Landeskunde für den Deutschunterricht an Berufscolleges auseinandersetzen.
Dabei Erscheint es Zentral, dass bei der Konzeption nicht nur die Themen von Interesse für die Studierenden sind, sondern auch in Deutschland aktuelle Methoden zum Einsatz kommen. Es sollen bei der Konzeption der Lehrmaterialien handlungs-und produktionsorientierte Ansätze Verwendung finden.
Bereits Neuner schrieb (1997:6) folgendes:
«Deutsch lernen weltweit offenbar Millionen von Menschen, weil es eine wichtige Regionalsprache ist, die einen technologisch hoch entwickelten und dynamischen europäischen Wirtschaftsraum mit attraktivem und differenziertem soziokulturellen Hintergrund repräsentiert. Deutsch wird deshalb vor allem im Bereich der beruflichen Bildung und auf dem Gebiet der Wirtschafts- und Handelskommunikation, aber auch — wenngleich deutlich eingeschränkt- in bestimmten Bereichen von Wissenschaft und Kunst eine der bevorzugten Fremdsprachen bleiben, die nach Englisch als zweite Fremdsprache gelernt wird.
Aus der Erkenntnis, dass es ganz verschiedene Perspektiven und unterschiedliche Motive zum Erlernen der deutschen Sprache geben kann- was offensichtlich mit individuellen Erwartungen und Bedürfnissen und mit der kulturellen und geographischen Nähe/Distanz der Lernenden und des Lernortes zu den deutschsprachigen Ländern zu tun hat- müssten künftig in verstärktem Maß jeweils spezifische didaktisch- methodische Konzepte für das Deutschlernen entwickelt werden. Abzusehen ist, dass der Export universalistischer Lehrmethoden und Lehrmaterialien, die auf regionale Gegebenheiten keine Rücksicht nehmen, zumindest im schulischen Bereich keine Zukunftsperspektiven mehr hat». (Neuner1997:10)
In Anlehnung an die Forderungen Neuners (1997) sind meines Ehrachtens gerade für Usbekistan, und ganz besonders für die Berufscolleges neue “spezifische didaktisch- methodische Konzepte“ zu entwickeln und darüber hinaus diese in Lehrwerken einzubauen sind. Diese Lehrmaterialien müssen sowohl die deutsche als auch die usbekische Landeskunde vergleichend behandeln. Wenn Landeskunde in faktischen, kommunikativen und interkulturellen Ansätzen in den Sprachunterricht integriert wird, wächst die Produktivität des Fremdsprachenerwerbs der Lernenden. Landeskundliche Vermittlung im Deutschunterricht macht den Unterricht lebendiger, regt die Lernenden zum Sprechen, zur Kommunikation, zur schöpferischen Arbeit an, was in einem Deutschunterricht in Berufscolleges sonst schwer zu erreichen ist. Damit entwickelt sich auch die Intellektualität der Lernenden. Die Lernenden werden zum Kulturvergleich befähigt.
Hinzu kommt, dass Landeskunde immer auch eine politische Dimension hat und zum einen, wie Althaus (2009: 136) anmerkt, in die «Auswärtige Kulturpolitik» eingebettet ist, zu der es in der «Konzeption 2000» (Auswärtiges Amt) heißt, dass sie Kultur aus Deutschland als Teil der europäischen Kultur vermittele und Deutschland als Kulturstaat im Dialog mit der internationalen Gemeinschaft der Staaten gekennzeichnet sei. Zudem hat die Landeskunde in unserem Fach zum anderen eine innenpolitische Relevanz, wenn man insbesondere an die thematischen Vorgaben bei den Orientierungskursen denkt, was sich direkt in den von verschiedenen Verlagen erstellten Unterrichtsmaterialien niederschlägt, die auf den sogenannten Einbürgerungstest vorbereiten sollen, worauf ich noch eingehen werde.
In diesem Vortrag werden die verschiedenen Ebenen der Landeskunde aber nun keineswegs systematisch nacheinander abgehandelt, sondern mit jeweiligen Bezügen als das komplexe Feld erfasst, als das sich Landeskunde bzw. Kulturstudien darstellen. Landeskunde –oder aktueller auch Kulturstudien genannt –war lange Zeit ein auf der Ebene der Forschung und der Ausbildung im Fach Deutsch als Fremd -und Zweitsprache eher vernachlässigter Bereich, wohingegen auf der Ebene des Unterrichts ständige (allerdings empirisch kaum erforschte) Weiterentwicklungen zu verzeichnen waren und sind. Inzwischen lassen sich Fortschritte auf allen Ebenen verzeichnen, wobei neue und auch im Entstehen begriffene Forschungsarbeiten auf eine deutliche Weiterentwicklung hoffen lassen, welche auch existierende Widersprüche auflösen helfen werden.
Literatur:
- Althaus, Hans-Joachim: „Landeskunde: Anmerkungen zum Stand der Dinge“, Info DaF 26, 1 (1999), 25–36.
- Althaus, Hans-Joachim:»Was müsste man nicht alles wissen! — Landeskunde als Teildisziplin im Studium Deutsch als Fremdsprache«. In: Joachimsthaler, Jürgen;
- Kotte, Eugen (Hrsg.): Theorie ohne Praxis — Praxis ohne Theorie? Kulturwissenschaften im Spannungsfeld zwischen Theorie, Didaktik und kultureller Praxis. München: Meidenbauer, 2009, 131–142.
- Altmayer, Claus: Kultur als Hypertext. Zu Theorie und Praxis der Kulturwissenschaft im Fach Deutsch als Fremdsprache. München: iudicium, 2004.
- Altmayer, Claus:» Landeskunde als Kulturwissenschaft. Ein Forschungsprogramm«, Jahrbuch Deutsch als Fremdsprache 32 (2006), 181–199.
- Altmayer, Claus:»Konzepte von Kultur im Kontext von Deutsch als Fremd- und Zweitsprache «. In: Krumm u. a. (Hrsg.) (2010), 1402–1413.